Freitag, 20. Mai 2011

Strauss-Kahn und Bildkontrolle

IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn steht unter Verdacht, eine Frau vergewaltigt zu haben. Daher wurde er am 14. Mai 2011 festgenommen. Wie in jedem westlichen Land gilt für ihn zunächst die Unschuldsvermutung. Doch lange vor einem Richterspruch wird er bestraft – mit dem Verlust der Kontrolle über sein Bild in der Öffentlichkeit.
Das Ziel Visueller Kommunikation ist die Formung eines Images in den Köpfen der Betrachter. Als IWF-Chef und zukünftiger Präsidentschaftskandidat, der die Umfragewerte anführte, konnte er sich täglich vor den Bildmedien inszenieren und das Bild, das von seinem Körper in der Öffentlichkeit zirkulierte, bestimmen. Das Recht am eigenen Bild bedeutet auch das Recht, über sein Erscheinen selbst entscheiden zu können.
Dies wurde Strauss-Kahn nun nicht genommen, weil er eine Person der Zeitgeschichte wäre, für die das Recht am eigenen Bild nur eingeschränkt gilt. Stattdessen wird er mit der Begründung, er würde so behandelt wie jeder andere auch, vor einer Journalistenmenge dem Perp Walk ausgesetzt, deshalb wird die Öffentlichkeit zur ersten Verhandlung zugelassen und ein Gefangenenfoto veröffentlicht. Der Argumentation folgend, wird Strauss-Kahn der gleichen Demütigung unterzogen, die jeder Verdächtige in den USA über sich ergehen lassen muss – außer dass hier eine Weltpresse Bilder überträgt.
Übernächtigt, mit den Kleidern, die er bei der Verhaftung trug, unrasiert und mit Handschellen als Krimineller – das Gegenteil des Images, das eine Visuelle Kommunikation im Vorwahlkampf erreichen sollte. Grund dafür ist, dass ihm die Kontrolle über sein Bild in der Öffentlichkeit genommen wurde. Dies zerstört sein öffentliches Erscheinungsbild und gleicht einer Strafe bevor der Prozess beginnt. Perp Walk beinhaltet das Wort perpetrator, also Täter, nicht Verdächtiger (suspect).
Zu Recht ist eine solche Vorführung in Europa meist unzulässig, in Frankreich mit dem Gigou-Gesetz explizit verboten. Es ist benannt nach der sozialistischen Justizministerin Elisabeth Gigou und untersagt Fotos von Beschuldigten in Handschellen. Zwar wurde auch Jörg Kachelmann auf den Metern zum Gefangenentransporter von den Bildmedien abgefangen. Sein Anwalt ließ ihn aber seit Prozessbeginn symbolisch meist in einem weißen Hemd erscheinen. Seine Kontrolle über die Inszenierung des eigenen Körpers in der Öffentlichkeit ist somit (zumindest in Grenzen) erhalten.
Als einzige steuerbare Aktion blieb Strauss-Kahn das weit weniger starke Textmedium: In seinem Rücktrittschreiben an den IWF beteuerte er seine Unschuld. Die um die Welt gegangenen Bilder suggerieren das Gegenteil.
Über die Schuld eines Strauss-Kahn, Kachelmann oder Assange werden Richter entscheiden. Sollten sie sich als unschuldig herausstellen, wird es schwierig, das öffentliche Bild wieder positiv zu gestalten – aber nicht unmöglich.

Update:
„Die Wahllichtbildvorlage dient der Identifizierung von namentlich bekannten Personen als Tatverdächtige durch Zeugen in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Sie hat einen hohen forensischen Beweiswert“, so das NRW-Innenministerium. Der BHG hat beschlossen, dass auch eine Serie von Bildern vorgelegt werden kann: „Die Wahlllichtbildvorlage ist eine der effektivsten Möglichkeiten, einen Täter zu überführen. […] Stand der Technik ist die sequentielle Wahllichtbildvorlage […] 8 Bilder nacheinander sind optimal.“ Von der NSU-Terroristin Beate Zschäpe wurde nun zur Identifizierung offenbar erstmalig ein Video erstellt. Und dies wurde in den Tagesthemen vom17.11.2012 gezeigt. Eine Form von Perp Walk? 
Das Beispiel zeigt jedenfalls, wie wichtig die Diskussion um Bilder und ihre Funktion in unserer Gesellschaft ist.

Dienstag, 10. Mai 2011

Der Bilderkrieg ist gewonnen

Das Ziel Visueller Kommunikation ist die Formung eines Images in den Köpfen der Betrachter, also die Vorstellung, die man sich (von der Person) macht. Mittel dazu ist vor allem die Generierung von Bildern, die visuell eine Botschaft vermitteln. Gleichzeitig ist es notwendig, die möglichen Bilder zu begrenzen, zu steuern und zu kontrollieren. Aus diesem Grund werden im politischen Kontext die Auftritte des Kandidaten präzise geplant und der ungeregelte Zugang zum Kandidaten streng begrenzt. So kann die visuelle Botschaft möglichst effektiv gesteuert werden, ohne dass andere Bilder mit entgegengesetzter Botschaft an die Öffentlichkeit kommen und den Aufbau des gewünschten Images stören.
Dieses Vorgehen hat vor allem die amerikanische Politik und das Militär zu großer Perfektion gebracht. Spätestens seit Nixon ist das medial vermittelte Bild einer genauen Inszenierung unterworfen. Auch die Mechanismen, um einen Bilderkrieg zu gewinnen, wurden mit jedem Krieg verfeinert und den medialen Gegebenheiten angepasst.
Mit der Erfassung von bin Laden wird sowohl die aktive Imagegestaltung wie auch die Macht über das Bild deutlich: Er selbst hatte zu Lebzeiten sein öffentliches Bild unter Kontrolle. Versteckt vor der Welt konnte er sein Porträt in seinen unregelmäßigen Videobotschaften genau kontrollieren. Wie jetzt herauszukommen scheint, hat er seine Auftritte geprobt und seine Haare gefärbt. Aufgrund des geheimen Lebens konnte kein unabhängiger Bildjournalist oder Amateurblogger mit eigenen Bildern diese Aufnahmen entlarven.

Mit seinem Tod ändert sich dies schlagartig. Ein offenbar bei ihm gefundenes Homevideo zeigt ihn alt und ergraut vor einem Fernseher sitzend. Hier scheint der private bin Laden zu sehen sein, der bin Laden hinter der Kamera. Plötzlich wird der Terrorführer zu einem armen einsamen Mann. Dies ist selbstverständlich das Ziel der US-Regierung: Mit der Macht über die Bilder die Aura der Person zu zerstören. Eine Veröffentlichung des toten bin Laden hätte ihn möglicherweise zu einem Märtyrer werden lassen, der Sympathien gewinnt, so die Befürchtung, weshalb man sich gegen die Veröffentlichung entschied. Bin Laden als einfacher Durchschnittsmensch entzaubert ihn zu einem Irgendwer. (Verschwörungsthoretiker mögen die Erfassung bin Ladens und die Aufnahmen als Lüge und Fälschung erkennen, der Wirkung der Bilder schadet dies wenig)
Dies erinnert an das Bild Saddam Hussein bei der Mudhöhleninspektion. Das Ziel war dasselbe: Die Ersetzung des staatlich verbreiteten Herrscherbildes durch das Bild eines lächerlichen Greises sollte seine Macht und den Widerstand gegen die US-Truppen brechen.
Das Bild des Toten hat seit alters her eine besondere Funktion: Das Effigies sollte das Andenken des Verstorbenen erhalten, den sterblichen Körper durch das bleibende Bild ersetzten. Nicht selten wurden daher Herrscherbilder zerstört, um damit die weitere Präsenz des Verstobenen und damit seine anhaltende Macht zu zerstören. Im elektronischen Zeitalter ist das Bild jedoch nicht einfach durch den Ikonoklasmus des Bildmediums zu entfernen. Das digitale Bild zirkuliert fast unvergänglich im Netz. Es kann nur durch Gegenbilder in seiner Wirkung konterkariert werden.
Das Ziel Visueller Kommunikation ist die Formung eines Images in den Köpfen der Betrachter. Wer Macht über Bilder hat, demonstriert seine Macht über Medien und Menschen. „First came the death of Osama bin Laden. Now comes the death of his carefully constructed image“, schreibt ein Kommentator richtig. Bemerkenswert dabei: In dem nun von der US-Regierung veröffentlichten Homevideo schaut sich Bin Laden selbst im Fernsehen an. Nam June Paik zeigte einst Buddah über sein eigenes Videobild kontemplierend. Narziss verliebte sich laut griechischer Mythologie in sein eigenes Bild im Wasserspiegel: „Denn im Trinken vom Schein des gesehenen Bildes bezaubert, Liebt er einen Wahn: er hält für Körper, was Schatten. Sich anstaunt er selbst, und starr mit dem selbigen Blicke.“ (Ovid, Metamorphosen, Buch III:402-436)

Montag, 2. Mai 2011

Hoffotografen und Helikopterbilder

Selbst bei der hochgeheimen Besprechung zur Operation Geronimo zur Erstürmung des bin Laden-Anwesens war der offizielle Fotograf des US-Präsidenten anwesend. Pete Souza steht sei Obamas Amtszeit im Senat im Jahr 2005 in dessen Dienst. Er benutzt laut Exif-Daten der Fotos eine Canon EOS 5D Mark II. Der US-Sender PBS sendete vor Kurzem eine Dokumentation über „The Presidents Photographer“.
Offiziell beschreibt er seine Aufgabe als Chronist des Präsidenten, quasi als visueller Historiker. Zumindest die zeitnah auf Flickr und der Webseite des Weißen Hauses veröffentlichten und der Bildpresse zur Verfügung gestellten Bilder haben jedoch eine andere Funktion: Sie sollen die Tagesbotschaft auch visuell übermitteln. Den Journalisten wird eine begrenzte Auswahl an Bilder angeboten, die sie ohne den exklusiven Zugang zum Präsidenten nicht produzieren können. Auf diese Weise ist eine Steuerung der Bildaussage möglich.
Weniger bekannt ist, dass auch die deutsche Bundeskanzlerin einen Leibfotografen hat. Die Bildzeitung nennt Guido Bergmann den „Kanzler-Fotograf“. Er liefert die meisten Bilder für die Webseite und war beispielsweise derjenige, der das umstrittene Foto lieferte, das die Kanzlerin in der Kabine der DFB-Mannschaft zeigte.
Auch heute zeigt Bergmann Angela Merkel. Die plötzlich zur Vertreterin der regenerativen Energieformen gewandelte Kanzlerin weihte einen EnBW-Windpark in der Ostsee ein. Eines der veröffentlichten Fotos zeigt sie in einem Flug über das 16 km vor der Küste von Mecklenburg-Vorpommern liegende Areal Baltic 1. Formal ähnelt es dem im vergangenen Blogeintrag besprochenen Bild von George Bush über New Orleans. Diesmal dient es jedoch alleine dem Ziel die Person Merkel mit Windkraftanlagen in einem Bild zu zeigen, Person und Botschaft miteinander zu verknüpfen.
Zwar wurde dieses Motiv von zahlreichen Medien übernommen. Am 2. Mai kam die überragende Botschaft jedoch aus den USA. Gegen die Ansprache Obamas über den Tod bin Ladens kann die Botschaft der Energiewende nicht genügend Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Um Glaubwürdigkeit in der neuen Atom- und Energiepolitik zurückzugewinnen, muss Merkel weiter politisch kämpfen.
Update: am 6. Mai veröffentlicht Arun Chaudhary, der offizielle "White House Videographer" seinen Video-Podcast, in dem kurz zu sehen ist, wie die Ansprache Obamas aufgenommen wurde. Im Vordergrund ist Pete Souza zu sehen.

Jesco Denzel
Update 15.07.13: Das Helikopter-Bild ist offenbar von offiziellen Fotografen der Bundesregierung. Ein anderer ist Jesco Denzel, der seit drei Jahren bei der Bundesbildstelle ist. Er hatte erst Politikwissenschaften studiert, bevor er merkte, "dass er mit seinen Fotos auch Geld verdienen kann" (Quelle).  
Zum Thema Helikopterbilder erklärt Medienwissenschaftler Andreas Dörner, warum der Helikopter der neue Feldherrenhügel ist.
Folglich wird mit der Oderflut Merkel wieder im Helikopter gezeigt - offenbar ein beliebtes Motiv bei Steffen Kugler. Am Am 5. Juni 2013 kommt der Stern-Redakteur Carsten Heidböhmer auf die Idee, das Motiv mit Bushs Katrina-Bild und der Historienmalerei zu vergleichen. Er bemerkt: "Merkel trägt ein rotes Jackett, also die traditionelle Herrschaftsfarbe."
Merkel fliegt im Hubschrauber über die Hochwassergebiete zwischen Dresden und Pirna.

Mittwoch, 20. April 2011

Ein Jahr Deepwater Horizon: Ein Rückblick auf das visuelle Krisenmanagement

Heute vor einem Jahr, am 20. April 2010, explodierte die Bohrinsel „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko. Nach 36 Stunden sank die Plattform und Rohöl schoss aus der Steig­leitung. BP-Chef Tony Hayward beschwichtigt zunächst, das Ereignis habe nur gering­fügige Umweltauswirkungen. So schien es wenigstens, denn das Öl war deshalb an den Küsten Louisianas, Mississippis und Alabamas unsichtbar, weil es mit großen Mengen der Chemikalie Correxit auf den Meeresgrund drückt wurde.
Als aufgrund der Bilder vom Meeresgrund und bald von ölverklebten Tieren der mediale Druck größer wurde, wandte sich BP mit „A Message from Tony Hayward“ per Video­botschaft an die Öffentlichkeit. In der kurzen Ansprache verdeutlicht Hayward, dass BP sich für den Unfall entschuldigt und aktiv den Schaden begrenzt. Seine Worte werden von unzähligen Bildern verstärkt, die den 60-Sekunde-Clip hineingeschnitten sind. Darin sind lächelnde Menschen zu sehen, die Vögel waschen sowie saubere Strände.

BP hat offenbar viel von Shell über visueller Kommunikation dazugelernt. Im Jahr 1995 hatten die Bilder von Greenpeace die öffentliche Diskussion dominiert und schließlich die geplante Versenkung der Brent Spar verhindert. Der Image­schaden war für die gesamt Branche groß. Kurze zeit später startete BP eine groß angelegte Image­kampagne, in deren Zentrum ein neues Firmenlogo stand: Das alte Logo von Raymond Loewy wurde zugunsten einer grüne Sonne auf­gegeben, die für ein umwelt­freundliches Unternehmen stehen sollte.
Visuelle Kommunikation lebt jedoch von Credibility. Wird eine Inszenierung als solche erkannt, kommt es zu Reaktanz und die Rezipienten widersetzt sich der Botschaft. Als Hayward in einem Interview sagte „I'd like my life back“, erschien die Kampagne vielen als un­glaub­würdig und nur vorgeschoben, um vom Ausmaß der Katastrophe abzulenken.
Schließlich brachte dies auch Präsident Obama in Zugzwang. Er konnte zwar vom Weißen Haus in Washington aus Worte an die Öffentlich­keit richten, die Menschen fühlten sich aber von BP nicht ernst genommen und erwarteten, dass ich der Präsident um sie kümmert. Obama stand vor allem deshalb unter Druck, weil seinem Amts­vor­gänger George Bush vorgeworfen wurde, nach dem Hurricane Katrina die Bewohner von New Orleans im Stich gelassen zu haben.
Ein Pressefoto zeigte Bush aus dem Fenster der Air Force One auf New Orleans blickend, das den Eindruck von Distanziertheit verstärkte. Später erkannte er den Fehler des Bildes: „Huge mistake. (…) Detached and uncaring. No question about it. (…) I was the one who should have said, A, don't take my picture, B, let's land in Baton Rouge, Louisiana, C, let's don't even come close to the area. Let's -- the next place to be seen is in Washington at a command center. I mean, it was my fault.“
Barack Obama wusste, er muss ein Bild produzieren, das ihn sorgen­voll am Ort des Ge­schehens zeigt. Diese Fotos entstanden am 28. Mai 2010 in Port Fourchon, Louisiana. Sie wurden von vielen Nachrichten­­agenturen verbreitet und brachten das Bild in die Vor­stellung der Menschen: Obama kümmert sich. Selbst­­verständlich ist dieses Bild kein Zufalls­­produkt. Viel­mehr wurde die Presse eingeladen, den Präsidenten am Strand zu begleiten. Dort ergaben sich eine Reihe von Photo Opportunities, die die Botschaft visuell ver­deutlichten.
The Economist brachte 19. Juni ein Bild aus dieser Reihe gar auf ihren Titel. Das Problem dieses Fotos ist weniger, dass zwei Personen aus dem Bild wegretuschiert wurden. Dies wurde bereits von der New York Times bemerkt.
Thematisiert wurde dagegen bisher nicht, dass dieses Bild suggeriert, die Ölplatt­form im Hinter­grund habe etwas mit der Katastrophe zu tun. Die Deepwater Horizon war nicht nur einen Monat zuvor bereits gesunken, sie befand sich auch etwa 180 km entfernt von Fourchon Beach und damit von diesem Standort aus wohl kaum sichtbar. Bei der Platt­form im Hinter­grund handelt sich vielmehr um eine von Hunderten, die im Golf von Mexiko stationiert sind. Sie dient nur als Symbol innerhalb der Bildinszenierung.
Am 1. 4. 2011 sagte Lothar Späth: „Ich bin wirklich überzeugt, dass Bilder Ent­scheidungen herbeiführen, mehr Ent­scheidungen bei den Leuten herbeiführen als Strich­listen.“ In den USA hat man längst verstanden, dass politische Kommunikation auch visuell sein muss.

Montag, 4. April 2011

Obama eröffnet den Wahlkampf – Weblog zur Visuellen Wahlkampfkommunikation startet

Am heutigen Montag, um 6 Uhr morgens, erreichte die Unterstützer von Barack Obama eine Email: Er tritt wieder als Kandidat an und sein Wahlkampfteam nimmt gerade wieder die Arbeit auf.
Obamas Wahlkampfteam hatte im Jahr 2008 das Internet als Instrument der Finanzierung und Mobilisierung verwendet und die Inszenierung von medialen Bildern eingesetzt wie nie zuvor. So lässt sich nun eine Strategie erwarten, die aus den Erfahrungen des letzten Wahlkampfes sowie der Regierungsverantwortung gelernt hat. Die Beherrschung von Bildern zur politischen Kommunikation ist an Obamas Wahlkampf wie auch an seinem Regierungsstil in einzigartiger Weise zu studieren.
Start des Weblogs Visuelle Wahlkampfkommunikation - Politische Ikonografie
Aus diesem Grund wird heute dieser Weblog gestartet. Ziel dieses Weblogs ist die Analyse aktueller politischer Ereignisse aus Sicht der visuellen politischen Kommunikation. Dabei wird vor allem der US-Wahlkampf verfolgt, der die nächsten 20 Monate laufen wird. Dabei ist vor allem interessant wie sich Obama nun nicht mehr als Angreifer, sondern als Amtsverteidiger darstellt, wie die Republikaner ihren Kandidaten finden und was dieser von der vergangenen Wahl gelernt hat. Ziel ist aber ebenso eine Beobachtung der deutschen Wahlkämpfe im Superwahljahr und der Vorlauf zur Bundestagswahl 2013 anhand aktueller Bilddiskussionen sowie Anmerkungen zu einer Theorie Visueller Wahlkampfkommunikation.
In seiner Email schrieb Obama heute Morgen: „There will be much more to come as the race unfolds.“ Dies gilt für seinen Wahlkampf genauso wie für diesen Blog.
Webseite als Botschaft
Mit www.barackobama.com ist ab heute auch seine Webseite wieder online. Daran sind drei Punkte bemerkenswert: Auf der Webseite findet sich ein Video mit dem Titel „It Begins With Us“, das verdeutlichen soll, dass es auch diesmal wieder auf das Grassrooting ankommt. Obama erscheint darin selber nicht. Seine Stimme ist mit der Email (Text) zwar anwesend, er bleibt jedoch bilderlos. Statt dessen erscheinen eine Reihe von Unterstützern, die den Zuschauer aufrufen mitzumachen. Auf diese Weise ist die Botschaft aus dem vorherigen Wahlkampf – „this election is not about me, but about you“ – wieder aufgegriffen und optimal umgesetzt worden.
Zum anderen findet sich auf der Webseite zunächst nicht viel mehr Inhalt als dieses Video. Viele Nachrichtenseiten verlinken nicht die Seite, sondern betten das Youtube-Video direkt in ihren Artikel ein. Auf diese Weise erreicht die Botschaft eine enorme Reichweite.
Und drittens: Die Kampagne bedient sich wieder dem alten Logo von Sol Sender: In Farben der US-Flagge eine aufgehende Sonne inmitten eines „O“. Die Wiederverwendung spricht für eine Strategie der Fortsetzung eines beschrittenen Weges. Wohl auch deshalb vermutet Politico, dass eine Let-me-finish-this-job-Strategie verfolgt werden wird. Dies ist eine ganz andere Strategie als sie noch 2008 mit einem frischen Kandidaten möglich war – möglicherweise eine viel schwierigere.
Untersucht man die Webseite, fällt im Übrigen auf, dass sich das Logo wie auch die grafischen Elemente der Webseite auf einem externen Server mit der Domain http://assets.bostatic.com befindet. Dort liegen unter anderem die Dateien o2012_fbthumb_2012.jpg, iconography_general.png und iconography_menu.png. In der CCS-Datei ist ein Verweis auf eine Datei auskommentiert, die auf der Webseite der Demokraten liegt (Zeile 159). Dahinter findet sich der Kommentar „<--- this won't work unless hosted on the same domain, which is a problem...“.
Entscheidende Personen - Eric Schmidt ab heute verfügbar
Auf der Webseite posten Personen, die nur mit Vornamen genannt werden: Mary kopiert die Email in den Blog, Christopher heißt auf der Webseite willkommen. Und auch im Video werden die Unterstützer nur mit Vornamen genannt (stämmliche aus Battleground-Staaten, wie die Welt feststellt).
Tatsächlich steckt dahinter aber ein anderer: Campaign Manager von „Obama for America“ ist offenbar Jim Messina, der frühere Vize-Stabschef Obamas. David Plouffe, der Wahlkampfmanager von 2008, ist zurzeit externer Berater im Weißen Haus und wird sicher auch wieder in einer Funktion dazustoßen. David Axelrod und Robert Gibbs sind noch in der Regierungsarbeit gebunden. Auch sie werden wahrscheinlich im Laufe der nächsten Monate wieder Teil des Wahlkampfteams. Eine andere wichtige Figur ist seit Kurzem wieder weniger gebunden: Es ist kein Geheimnis, dass Eric Schmidt, bis vor Kurzem noch Google-Chef, der strategische Kopf hinter der Online-Strategie war. Wie er am 20. Januar bekannt gab, wechselt er mit dem heutigen Tag in den Veraltungsrat von Goolge. Wenn das kein Zufall ist! So ist er sicher auch wieder beratend in Internetfragen in Obamas Wahlkampfteam tätig. „We create a campaign that's farther reaching, more focused, and more innovative than anything we've built before“, schreibt Obama – da könnte er Schmidts Hilfe sicher gebrauchen.
Obama steigt mit diesem ersten Schritt zwar nicht früher in den Wahlkampf ein als vor vier Jahren (damals am 10. Februar). Er ist aber früher als die Republikaner, deren Feld sich erst noch finden muss. Zwar hat sich Newt Gingrich bereits als Kandidat hervorgewagt. Mitt Romney und Sarah Palin sind aber noch vorsichtig und haben sich noch nicht entschieden, ob sie nicht doch lieber vier weitere Jahre warten.
Ausblick
Das Datum des Kampagnenstarts am 4. April ist symbolisch. Das Democratic National Committee hatte im vergangenen Jahr in Anlehnung an den 44. Präsidenten die „Generation 44“ ausgerufen: Bürger im Alter zwischen 25 und 39.
Mit der Registrierung bei der Federal Election Commission am heutigen Tag kann sofort mit dem Spendensammeln begonnen werden. Bis zur Wahl am 6. November 2012 könnte Obama die Rekordsummer von 1 Milliarde Dollar zusammenbringen, so die Washington Post. Auch denn das Online-Grassrouting zunehmend bei der Finanzierung hilft, muss bemerkt werden, dass der größere Anteil weiterhin von Großspendern kommt. Obama schriebt in der Email: „the politics we believe in does not start with expensive TV ads“. Damit enden sie aber: Tatsächlich wurden die Spendengelder auch im Wahlkampf 2008 keineswegs vor allem für Internet-, sondern für TV-Werbung ausgegeben.

In Deutschland stehen folgende Wahltermine an:
22. Mai: Bremen, Bürgerschaft
4. September: Mecklenburg-Vorpommern, Landtag
18. September: Berlin, Abgeordnetenhaus

Update:
2012 25. März Saarland Landtag

6. Mai Schleswig-Holstein Landtag
2013 20. Januar Niedersachsen Landtag

15./22.09. alle Bundesländer Bundestag


Abbildungsnachweise: Webseite und Logo, www.barackobama.com. Eric Schmidt, Charles Haynes.